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Restaurant Witwenball

Mitten im Hamburger Schanzenherz wurde sechs Jahrzehnte gefeiert, geschwoft und geflirtet. Das gute Karma ist geblieben, zudem weckt der Name Witwenball die Phantasie an das einstige Tanzlokal. Heute gibt Julia Bode gemeinsam mit ihrem Mann Gast. Statt trauernden (oder fröhlichen) Witwen trifft sich hier eine Gesellschaft, die handwerklich-hergestellte Weine und feines Essen wertschätzt. Klingt gut, oder?

 

Wie bringt ihr den Ball nach der Krise wieder zum Leben? 
Aktuell haben wir unter Auflagen geöffnet. Für uns bedeutet dies u.a., dass wir nun mit einer Kapazität von 32 statt 80 Plätzen auskommen müssen. Um annähernd wirtschaftlich arbeiten zu können, müssen wir die Auslastung erhöhen, also mit Mehrfachbelegungen arbeiten. Wir arbeiten nun täglich mit einem verkleinerten Team, alle Mitarbeiter sind noch in Kurzarbeit. Die Auswahl der Speisen hat sich reduziert, das Angebot der „offenen Weine“ ist gestrafft. 

 

Welche Veränderungen wird es geben? 
Mittelfristig wird die Veränderung am Ausgehverhalten der Menschen zu spüren sein. Es gibt einen Teil Gäste, der endlich wieder genießen will und einen anderen, der sich noch zurückhält und vorsichtig ist oder sparsamer sein muss. Außerdem gibt es in den nächsten Wochen und sicher auch zur Ferienzeit so gut wie keine Touristen und Gäste aus dem Ausland. Es gilt also - vermutlich über Monate - eine lange Durststrecke zu überwinden. Das betrifft nicht nur uns und kann dazu führen, dass einige liebgewonnene Lokale schließen werden.

 

Was ist die größte Herausforderung für die Gastronomie (wie ihr sie führt)?
Den Spagat aus fairer Bezahlung der Mitarbeiter, guten Produkten/ Waren, Zahlung der Miete und aller Steuern sowie Versicherungen zu einem Preisgefüge in der Karte hinzubekommen, der akzeptabel ist. Und wir als Inhaber müssen auch davon leben können.

 

Wofür steht eure Küche? 
Unsere Küche steht für eine saisonale deutsch-französische Küche ohne Chichi. Bei einem guten Grundprodukt braucht es nicht viel drumherum. Perfekte Küchentechnik ist dabei jedoch unablässig. Was uns aber ebenso wichtig ist wie gutes Essen, ist guter Wein. Ein Produkt, das sehr stark unter Kommerzialisierung und Industrialisierung leidet. Bei uns gibt es ausschließlich authentische Weine, die handwerklich von kleineren Betrieben hergestellt sind. Bio, biodynamisch oder natürlich. Weil es den Weinen guttut und sie dadurch besser schmecken.

 

Was ist dein Plädoyer für die Branche?
In den Köpfen vieler Entscheider in der Politik findet Gastronomie leider nur in Form von Biergärten und Wurstbuden statt. Aber sie muss erkennen, dass Gastronomie ein Kulturgut ist und über „Nahrungsaufnahme“ und „Alkoholzufuhr“ hinausgeht. In Spanien, Frankreich, Italien, Schweden u.v.m. hat Gastronomie und gutes Essen einen dramatisch höheren Stellenwert als in Deutschland. Dabei gibt es bei uns über zwei Millionen Beschäftigte in der Gastronomie (Quelle: „Leaderclub“), außerdem noch viele andere Betriebe (Bauern, Zulieferbetriebe etc.), die von ihr abhängig sind. Eine Lobby, die dieser Größe und der Tourismus-Relevanz gerecht wird, haben wir nicht.


Es wird Zeit, dass sich die Einstellung zur Gastronomie und Hotellerie ändert, denn gerade in den letzten Jahren ist die Branche in Deutschland kreativer und ernsthafter geworden. Diese Vielfalt muss erhalten bleiben.

 

www.witwenball.com 

 

#saveyourlifestyle