In der Food-Szene scheint er allgegenwärtig, denn dieser Mann vereint viele Persönlichkeiten unter einem Dach. Stevan Paul ist Koch, freier Journalist, Restauranttester, Kochbuch-Autor, Reisereporter und Unternehmer. Sein kulinarisches Online Magazin NutriCulinary zählt zu den meistgelesenen im deutschsprachigen Raum, und sein neues Werk „kochen.“ ist auch raus. Ein Leben in der Genussgalaxie...
Was ist die Botschaft deines Kochbuchs „Kochen“?
„Kocht doch, was Ihr wollt!“ und „Jede/r kann kochen.“ Am Anfang der Arbeit an diesem Buch standen diese zwei Sätze. Die Idee dahinter war, ein neues modernes Standardwerk der Küche zu schreiben, dass sich nicht in der reinen Rezeptsammlung erschöpft, sondern den Leser*innen vielmehr die Möglichkeit gibt, barrierefrei an jeder Stelle des Buches einzusteigen und durch das Buch den eigenen individuellen Geschmack, die eigene Küche zu entdecken, zu entwickeln. Dabei teilen sich Rezept-Ideen auch in Mikro-Rezepte, die für sich stehen, sich vielfältig kombinieren lassen, verschieden Würzungen und Alternative Kochtechniken werden vorgeschlagen. Das war auch für mich ein Perspektiv-Wechsel: Ich bin nicht länger der allwissende Kochbuch-Autor von Gottes Gnaden (lacht), sondern ich mache Vorschläge. Die Leser*innen entscheiden, was in ihre Lebenssituation und zu ihrem Geschmack passt. Dazu gibt es viele Basics, über 500 Rezepte insgesamt, die das Buch dann hoffentlich auch zum vielgenutzten Nachschlagwerk im Alltag macht.
Wer ist deine Zielgruppe?
Die Freude am Kochen, aber eben auch die mögliche, anfängliche Überforderung damit, kennt kein Alter, kein Geschlecht. Und darum liebe ich Print so sehr, schätze das
Kochbuch als gedrucktes Buch - während ich im Social Media-Bereich stark mit (m)einer Cloud verbunden bin, erreiche ich im Buchhandel, durch die klassischen Medien und auch im linearen Fernsehen
und dem Radio ein noch diverseres Publikum. Das freut mich, weil ich mit wünsche, dass mehr Menschen verstehen, wie einfach kochen sein kann, wie viel Gesundheit und Lebensglück im „selber
kochen“ steckt. Wer kochen kann, ist eigenverantwortlich frei und ein bisschen mehr selbstbestimmt, Kochen ist Kultur im Alltag.
Schläfst du nachts? Wie machst du das mit diesen vielen, unterschiedlichen Jobs?
Ich arbeite wirklich gerne. Auch, weil sich Genuss und Kulinarik bei mir nicht allzu oft in Freizeit und Arbeit aufteilen lassen. Alles verschwimmt, und ich mag das. Zudem habe ich keine Kinder, ein Aspekt der in diesem Zusammenhang nicht zu unterschätzen ist. Ich erlebe das bei Freunden und Kolleg*innnen.
Wie stehst du zu den Themen Nachhaltigkeit/ Bio/ Regionalität?
Das sind wichtige, das sind zentrale Bausteine unserer aller Zukunft. Wenn wir so weitermachen wie bisher, schaffen wir uns selber ab. Ich freue mich, dass so viel vorangeht, gerade auch, wo unsere Politik oft so unglaublich schwerfällig ist. Da werden die Herausforderungen und Probleme des 21. Jahrhunderts immer noch mit den Lösungen des 20. Jahrhunderts beantwortet.
Es ist Corona und zu den ersten Ideen gehört eine weitere Abwrack-Prämie? Ernsthaft? Die Leute nehmen ihre Zukunft dankenswerterweise vermehrt selbst in die Hand, handeln im Alltag, machen Druck. Als Food-Journalist und im Netz schreibe auch ich seit Jahren für gutes Essen und zu diesen Themen. Dennoch und absichtlich habe ich in kochen. auf jede Art von Bio-Belehrung und Bauernhof-Romantik ganz bewusst verzichtet. Ermutigung statt Vorhaltung, Angebot statt Predigt - ich will die Leute an dieser Stelle über den Geschmack und das Wissen für gute Produkte begeistern. Wer kochen kann, wird sich automatisch auch für Produktqualitäten, Geschmack und Haltungsformen interessieren. Das ist zumindest mein frommer Wunsch!
Was ist dein Lieblingsspot in der Hamburger Gastro-Szene?
Mit dem Nil Hamburg verbindet mich eine alte Liebe, die waren immer schon da, wir waren immer schon gerne dort zu Gast. Wir lieben die schnörkellos-pointierte Küche, den freundlichen Service, das lässige Ambiente, zu dem immer auch die Gäste des Nils selbst zählen. Diese Mischung schafft Lebensfreude-Abende! Im vergangen Jahr feierte Steffen Hellmanns Restaurant seinen 30. Geburtstag. In unserer schnelllebigen Zeit kaum mehr vorstellbar, dass es so nachhaltige und langfristige Gastro-Konzepte künftig noch geben wird. Das ist aber etwas, dass die Hamburger Gastronomie ganz allgemein prägt: Viele Restaurants „der zweiten Reihe“ kochen einfach für ihre Gäste, nicht für die Kritik. Der Zusammenhalt ist stark, dass hat sich jetzt in der Corona Krise gezeigt. Und: Berlin mag innovativer sein, in Hamburg machen wir aus Ideen nachhaltige Konzepte, auf die man vertrauen kann.
Bild: A. Thode
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